Elektrofahrzeuge bieten erhebliche wirtschaftliche und ökologische Vorteile, damit sind sie ein wesentlicher Bestandteil einer sauberen Mobilität und der Verkehrswende. Ob diese Vorteile tatsächlich realisiert werden, hängt jedoch davon ab, wie optimal E-Autos in unsere Stromnetze eingebunden werden. Gelingt die Netzintegration, profitieren nicht nur Nutzer der E-Autos, sondern alle Stromkunden.

Elektrofahrzeuge sind nicht nur weniger umweltbelastend als herkömmliche Autos, sondern können flexibel aufgeladen werden, wenn dies für das Netz vorteilhaft ist – zum Beispiel dann, wenn überschüssiger Wind- und Solarstrom verfügbar ist, und wenn der Bedarf an Elektrizität gering ist.

Unsere neue RAP-Studie „Start with smart“ analysiert vielversprechende Ansätze aus Europa und den Vereinigten Staaten, die diese Flexibilität optimal nutzen. Im Ergebnis sind drei Komponenten für eine kosteneffiziente Netzintegration von E-Fahrzeugen entscheidend: zeitvariable Preisgestaltung, intelligente Technologie und netzdienliche Infrastruktur.

Zeitvariable Preisgestaltung hilft Verbrauchern und dem Netz

Dynamische, also zeitlich variable Preise für die Energieversorgung und die Nutzung des Netzes helfen Verbrauchern, ihre Elektrofahrzeuge intelligent aufzuladen, das heißt zu Zeiten, in denen die Kosten für die Erzeugung, Lieferung und Netznutzung von Elektrizität gering sind. Dies wird in Zukunft unumgänglich werden, denn aus ersten Untersuchungen wissen wir, dass E-Auto-Besitzer ihre Fahrzeuge ohne solche Anreize vor allem dann laden, wenn die Stromnachfrage bereits hoch ist. Das erhöht mittelfristig die Spitzennachfrage und führt zu höheren Kosten für alle Stromkunden.

Dynamische Strompreise können unterschiedlich gestaltet werden. Schon eine einfache zeitliche Differenzierung, beispielsweise über niedrigere Preise für festgelegte Nachtstunden, bringt erhebliche Vorteile für das Stromsystem – und Kostenersparnis für die Kunden. In Spanien hat Iberdrola beispielsweise einen E-Auto-Tarif (Stromkomponente) eingeführt, der in den Nachtstunden 80 Prozent Nachlass gegenüber dem Haushaltstarif und damit Einsparungen von fast 170 Euro im Jahr bietet.

Heute sind die Stromnetze nur wenige Stunden pro Tag gut ausgelastet. Smartes Laden von E-Autos könnte also gut über die bestehende Infrastruktur erfolgen. Die Netzentgelte bieten dafür in Deutschland jedoch kaum Anreize, da sie pauschal, also ohne zeitliche Differenzierung oder zunehmend als Grundgebühr erhoben werden. Vielversprechender ist dagegen der Ansatz des dänischen Netzbetreiber Radius, der ein zeitlich abgestimmtes Laden anreizt: Privat- und Gewerbekunden zahlen in den Wintermonaten für die Netznutzung von 17 bis 20 Uhr einen Aufpreis.

In Deutschland werden vergünstigte und netzdienliche Netztarife bisher nur mit der Einstufung von E-Fahrzeugen als „steuerbare Verbrauchseinrichtungen“ ermöglicht. Unter der Voraussetzung eines separaten Zählers verlangen Netzbetreiber wesentlich geringere Arbeitspreise als im Haushaltstarif, meistens auch ohne Grundpreis. Als Gegenleistung darf der Netzbetreiber das Laden außerhalb definierter Nachtstunden unterbrechen. Laut Bekundungen einzelner Netzbetreiber würde diese Regelung jedoch nur selten genutzt. Vermutlich auch, da die Kunden kurzfristig nicht daraus ausscheren können und sich damit beschränkt fühlen – trotz entsprechender Zahlungsbereitschaft. Wie wir feststellten, geht Deutschland hier einen Sonderweg, der zwar die Netz- und Systemsicht widerspiegelt, die Kundenwünsche aber weniger berücksichtigt, als es mit zeitlichen Bepreisungen möglich wäre.

Intelligentes Laden erfordert intelligente Technologien

Wie Pilotprojekte zeigen, kann der Einsatz von intelligenten Technologien die Vorteile von intelligentem Laden verstärken, insbesondere, wenn diese mit zeitvariablen Stromtarifen kombiniert werden. Intelligente Ladetechnik reicht von intelligenten Zählern, die den Energieverbrauch eines Kunden in Echtzeit anzeigen, bis hin zu automatisch gesteuertem Laden basierend auf Preissignalen – in der eigenen Garage, in der Ladestation, im Stromkabel oder auch im Auto selbst. Entscheidend ist daher: Je mehr die Technologie anspruchsvollere zeitabhängige Tarife unterstützt, desto besser kann die Netznutzung optimiert und können die Kosten gesenkt werden. Dies ist nicht nur für die Verringerung der Spitzenlast wichtig, sondern auch, um mehr Erneuerbare Energien durch eine flexiblere Nachfrage lokal zu integrieren. Kombiniert werden diese Vorteile zum Beispiel in der Lade-App Jedlix, die den optimalen Zeitpunkt für das Laden von Elektrofahrzeugen bestimmt und dabei sowohl die geplanten Fahrzeiten als auch die Netzkapazitäten, die Strompreise und die Verfügbarkeit Erneuerbarer Energien berücksichtigt.

Eine netzdienliche Ladeinfrastruktur senkt Kosten der E-Mobilität

Die dritte Strategie für eine kosteneffiziente Netzintegration von E-Fahrzeugen ist die netzdienliche Planung der Ladeinfrastruktur. Standorte werden verschiedene Arten des Ladens priorisieren müssen, wie das Laden am Arbeitsplatz, für Zustelldienste oder elektrische Stadtbusse. Ansätze aus den USA, Kanada und Großbritannien zeigen, dass Energieversorger zusammen mit Netzbetreibern und Verkehrsplanern Ladestandorte identifiziert haben, die sowohl Mobilitätsbedürfnisse als auch die vorhandene Netzkapazität in Städten und an Autobahnen einbeziehen. In städtischen Gebieten mit begrenzter Fläche werden auch kombinierte Park- und Ladelösungen angedacht, die vorhandene Straßenmöbel wie Lichtmasten verwenden. Wenn schnelles Laden an den Kosten des Netzausbaus scheitert, bieten sich batteriegestützte Schnellladestationen an, die in Norwegen schon erprobt sind und in Deutschland derzeit getestet werden.

Start with smart: Drei Strategien zur Integration von E-Autos ins Stromnetz

In den nächsten Jahren wird die Anzahl von Elektrofahrzeugen steigen. Erfahrungen von Verbrauchern, Unternehmen und Städten zeigen, dass dynamische Tarife, intelligente Technologie und netzdienliche Infrastruktur sowohl die Energie- als auch die Verkehrswende am effektivsten voranbringen können – auch in Deutschland.

Eine Version dieses Artikels erschien in Tagesspiegel BACKGROUND.

Eine englische Version dieses Artikels erschien in FORESIGHT Climate & Energy.