Die Diskussion über eine Reform der Netzentgeltsystematik dauert inzwischen mehrere Jahre, ohne dass bisher Fortschritte erkennbar wären. Im Gegenteil: Die bestehenden Netzkosten und Netzentgelte werden wieder intransparenter, und etliche Verteilnetzbetreiber haben einen schleichenden Prozess in Richtung höhere Grundpreise in Gang gesetzt. Die Politik hat eine Reform der Netzentgelte eigentlich auf die Tagesordnung gesetzt, so auch in dem im März 2018 beschlossenen Koalitionsvertrag („Wir werden mit einer Reform der Netzentgelte die Kosten verursachergerecht und unter angemessener Berücksichtigung der Netzdienlichkeit verteilen und bei Stromverbrauchern unter Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit mehr Flexibilität ermöglichen.“).

Da die Netzentgelte bald der größte Posten auf der Stromrechnung sein werden, ist ein weiterer Stillstand nicht mehr tragbar. In einer neuen Studie von Agora Energiewende und Regulatory Assistance Project schlagen wir Kurzfristmaßnahmen und den Grün- und Weißbuchprozess mit klaren zeitlichen Vorgaben vor, um diese Situation zu überwinden. Autoren Andreas Jahn, Thorsten Lenck und Patrick Graichen empfehlen unter anderem:

  • die Herstellung vollständiger Transparenz über Aufkommen und Verwendung der Netzentgelte.
  • das Abschaffen von Anreizen für einen möglichst gleichmäßigen Stromverbrauch, die aktuell verhindern, dass große Stromverbraucher ihre Nachfrage nach Angebot und Preis an der Strombörse richten.
  • die Sicherung niedriger Grundpreise für Kleinverbraucher, um dem Trend zu immer höheren Grundpreisen für die Netznutzung entgegenzuwirken. Dieser benachteiligt Geringverbraucher derzeit in etlichen Regionen Deutschlands gegenüber Haushalten mit höherem Stromverbrauch und macht Stromsparen unattraktiver.
  • die Einführung von flexiblen Netzentgelten für neue Verbraucher wie Elektroautos und Wärmepumpen, damit sich der Stromverbrauch flexibel an die aktuelle Belastung der Stromnetze anpasst.