Comments Off on Energiewende im Krisenmodus braucht sozialen Zusammenhalt
Der Krieg und das Leid der Menschen in der Ukraine halten uns alle in Atem, bringen uns aber auch als Gesellschaft näher zusammen. Die große Hilfsbereitschaft in den Grenzregionen und auch in Deutschland macht uns zusammen stark. Wie Bundespräsident Steinmeier in Litauen sagte: „Die Einigkeit und die Geschlossenheit (der Nato und der Europäischen Union) sind der Schlüssel zu unserer Stärke.“
Krisen und Kriege sind schmerzhaft und teuer. Um diese Zeit zu überstehen, braucht es den Zusammenhalt, der den Menschen die Grundbedürfnisse sichert, für die geflüchteten und die verletzlichen Verbraucher:innen innerhalb unserer Gesellschaft. Da dieses Leid eben auch unsere Energieversorgung betrifft, müssen wir hier zusammenstehen, mehr als in der Vergangenheit.
Denn in diesen Tagen wird es deutlich, dass fossile Energien teuer sind und wohl teuer bleiben werden. Der Abschied von diesen teuren und schmutzigen Ressourcen kostet allerdings ebenfalls Geld und Zeit. Für den einzelnen geht jede Umstellung auf eine Wärmepumpe und höhere Energieeffizienz mit hohen Investitionskosten einher, welche wir uns trotzdem leisten können müssen. Denn die zusätzliche Rechnung, die Deutschland durch die gestiegenen Gaspreise stemmen muss, wird sich wohl auf einen hohen zweistelligen Milliardenbetrag im Jahr belaufen.
Für einzelne Verbraucher:innen mit Gasheizung bedeutet das etliche hundert Euro im Jahr zusätzlich, bei schlechten Gebäuden und damit hohen Verbräuchen können es auch leicht mehr als 1000 Euro werden. Die Mehrwertsteuer erhöht die Kosten noch weiter. Im Vergleich dazu führt die beschlossene Senkung beziehungsweise Überführung der EEG-Umlage in den Bundeshaushalt zu einer Entlastung des durchschnittlichen Haushalts um gut 200 Euro im Jahr.
Durch die gleichzeitig stark steigenden Strompreise werden die Stromrechnungen der Verbraucher:innen wohl trotzdem nicht sinken. Sowohl für den Gas- als auch der Stromsektor sind das Mittelfristbetrachtungen, das heißt, sobald die hohen Großhandelspreise vollständig in die Endkundentarife eingepreist sind.
System und Regulierung sind unsozial geprägt
Diese Kostensteigerungen lassen sich mittelfristig nur durch mehr erneuerbare Energien und eine größere energetische Unabhängigkeit bekämpfen, mit Freiheitsenergien, wie Herr Lindner sagte. Dazu gehört die schnellere Verbrauchsminderung durch Effizienzmaßnahmen und eine beschleunigte Elektrifizierung, insbesondere im Wärmesektor durch Wärmepumpen und Wärmenetze. Ein fortgesetzter Einbau von Gasheizungen in Neubauten und ein weiterer nachfrageorientierter Gasverteilnetzausbau passen dazu nicht. Hier bedarf es einer sofortigen Richtungsänderung, die die Verringerung unserer Import-Abhängigkeit einleitet als auch die langfristigen Energiewendekosten begrenzt. Kosten, die am Ende sonst alle Verbraucher tragen, im Verhältnis die vulnerablen Verbrauchergruppen aber stärker betreffen.
Unser Energiesystem und dessen Regulierung kann jedoch kaum mit sozialen Absicherungen oder Hilfen aufwarten, eher ist das Gegenteil der Fall. Beispiele sind:
Eine Grundversorgung ohne Preisregulierung, der bedürftige Verbraucher kaum entkommen können und somit gezwungen sind, die hohen Kosten für eine Ersatzversorgung mitfinanzieren zu müssen.
Kostenbefreiungen und Rabattoptionen, die an Verbrauchsmengen gekoppelt sind.
Auf der anderen Seite fördern wir mit Milliarden Euro Kaufprämien für E-Pkw, Pendlerpauschalen und Wallboxen wie auch energetische Sanierungen in Eigenheimen, während die bedürftigsten Verbraucher:innen in den energetisch schlechtesten Gebäuden wohnen (müssen), auf deren Energiestandard oder Energieträger sie keinen Einfluss haben. Unser Sozialsystem versucht, die Mehrkosten der Bedürftigsten mittels Arbeitslosengeld II und durch Einmalzahlungen zu kompensieren. Damit bleiben jedoch die Wohnsituationen wie auch Hilfen für die unteren Einkommensgruppen insgesamt außen vor.
Die Folgen der hohen Gaspreise werden noch unterschätzt
Es ist richtig, den Umstieg auf nachhaltige und saubere Lösungen zu fördern, jedoch im Sinne einer gemeinsamen Stärke, wo es nötig ist. Dazu gehören neben den Anreizen auch Besteuerungen und das Ordnungsrecht. In der Krise wird sich deutlicher denn je zeigen, wie weit wir das Ordnungsrecht über den Artikel 14 des Grundgesetzes bemühen und Eigentum über Gebote und Verbote verpflichten. Abweichend davon spielt im selbstgenutzten Eigentum die Sichtbarkeit der mittel- bis langfristigen Kosten die wichtigste Rolle.
Wenn es sich jedoch um vermieteten Wohnraum handelt, greift dieser Ansatz zu kurz. Die Energiekosten werden für fast jeden Mieter stark steigen. Die bisher diskutierten Größenordnungen von Pro-Kopf-Rückzahlungen oder Vorhaben für eine CO2-Kostenteilung mit dem Vermieter werden daran nur wenig ändern. Trotzdem diskutiert Deutschland maßgeblich die Spritpreise. Sowohl die Opposition als auch die FDP wollen die Preise durch Steuernachlässe auf breiter Basis senken, obwohl aus volkswirtschaftlicher und geopolitischer Sicht ein schnellerer Abschied geboten ist.
Wie wenig ausgewogen diese Forderungen sind, zeigt sich im Vergleich. Die Rohölpreise haben sich „nur“ verdreifacht, während es beim Großhandelspreis Gas aktuell fast eine Verzehnfachung innerhalb eines Jahres ist. Die Auswirkungen in den Gas-Tarifen sehen wir erst in einigen Monaten, jedoch mit viel weiterreichenden sozialen Folgen.
Auch ein reiches Land wie Deutschland wird sich ohne anderweitige, massive Steuererhöhungen kaum eine Kostenübernahme für fossile Energien in der Breite leisten und gleichzeitig die Förderung von Einsparungen und erneuerbaren Energien erhöhen können. Angedachte Entlastungen müssen sich daher stärker an den sozialen Auswirkungen und den Langfristzielen orientieren. Preissignale zu mindern, stellt jedoch das Gegenteil dar. Wenn unsere Gemeinschaft die gemeinsame Stärke besitzt, die unser Bundespräsident bekundet hat, schaffen wir es, die Krise als Chance zu nutzen.
Es ist dringlicher denn je, die Verteilung der Kosten und die Ausgestaltung der Unterstützungen in der begonnenen Transformation fair und sozial zu gestalten. Nutzen wir diese Chance. Jetzt.
Comments Off on Worüber keiner reden will: Der bevorstehende Abschied vom Gasnetz
Die Gasindustrie investiert aktuell, was das Zeug hält. 2019 flossen rund 2,5 Milliarden Euro in den Aus- und Neubau der deutschen Gasnetze (BNetzA Monitoring-Bericht). Bis 2030 sind laut Netzentwicklungsplan Gas allein für die Ferngasnetze weitere 2,2 Milliarden Euro vorgesehen, wobei die Ferngasnetzbetreiber sogar Investitionen in Höhe von 7,8 Milliarden Euro für nötig halten. Die Zahlen erwecken den Eindruck, dass Gasnetze künftig die gleiche Bedeutung haben werden wie heute. Dabei wissen wir: Diese Planung der Gasinfrastruktur ist falsch. Hier werden erhebliche Kostenfallen für Heizkund:innen und Steuerzahler:innen errichtet.
Denn heute wird ein Großteil der Gasinfrastruktur für die Wärmeversorgung benötigt. 2019 wurden über die gut 700 Verteilnetze 761 Terawattstunden (TWh) fossiles Erdgas ausgespeist. Fast alle Klimaneutralitätsszenarien sehen aber im Gebäudebereich den massiven Umstieg auf Wärmepumpen und den Anschluss an grüne Nah- und Fernwärmenetze vor (siehe unter anderem Agora Energiewende, Ariadne und BMWi).
Weder Erdgaskessel noch wasserstoffbetriebene Heizsysteme erfüllen das Prinzip der klimaneutralen und effizienten Verwendung von grüner Energie. Bei der Gebäudeheizung auf einen (noch) raren und teuren Energieträger wie Wasserstoff zu setzen, ist schlicht kein tragfähiges Konzept zur Klimaneutralität. Immer mehr Gasverteilnetze werden zukünftig kaum noch benötigt.
Fragwürdige Nutzungsdauern von bis zu 55 Jahren
Trotzdem hat die Bundesnetzagentur für die Regulierungsperiode 2023 bis 2027 „attraktive Investitionsbedingungen“ mit einer Eigenkapitalverzinsung von rund fünf Prozent (vor Körperschaftssteuer) für die Netze festgelegt. Auch gelten weiterhin für Neuinvestitionen die Nutzungsdauern aus der Gasnetzentgeltverordnung von 35 bis 55 Jahren. Und zudem hat die Bundesnetzagentur in diesem Jahr für 125 Gasverteilnetze rund 4,5 Milliarden Euro als Erlösobergrenzen genehmigt. Das gleiche finanzielle Volumen ergibt sich, wenn man die im Monitoringbericht der BNetzA bereitgestellten Daten für 2019 hochrechnet: Über den durchschnittlichen Verbrauch eines Gas-Haushaltskunden von 23 Megawattstunden im Jahr ergeben sich für 12,8 Millionen Haushaltsverbraucher mit einem durchschnittlichen Netzentgelte von 1,56 Cent pro Kilowattstunde Netzkostenbeiträge von 4,59 Milliarden Euro.
An dem rund 522.000 Kilometer langen Gasverteilnetz sind mehr als 12,8 Millionen Haushalts- und 1,7 Millionen Gewerbe- und Industriekunden angeschlossen. Der heutige, jährliche Finanzierungsbeitrag der Haushaltskunden über ihren Wärmebedarf (inklusive des geringen Anteils für das Kochen) für diese Gasverteilnetze von über vier Milliarden Euro wird aber im Zuge der Energiewende im Jahr 2045 auf null sinken.
Planung umstellen und Regulierer stärken
Um weitere kostspielige Fehlinvestitionen zu verhindern, muss daher jetzt die gesamte Planung auf die neue, klimaneutrale Welt umgestellt werden. Dafür brauchen wir eine ehrlich geführte Diskussion rund um die Möglichkeiten, Planungen und Kosten der Stilllegung des deutschen Gas-Verteilnetzes. Ansonsten werden weiterhin Investitionen getätigt, die die stillzulegende Infrastruktur durch den Aufbau von Investitionsruinen noch verteuern. Die Folge wären Milliardensummen für Übergänge, Kompensationen und Entschädigungen, Fehler die es beim Kohleausstieg schon genug gibt.
Weitsichtige Energie- und Klimapolitik sollte daher jetzt den bevorstehenden Ausstieg aus dem Gas planen. Dazu muss die Gasnetzregulierung angepasst werden. Alternativen zum Gasverteilnetzausbau müssen genutzt werden, so wie es das Prinzip Efficiency First der Europäischen Union vorsieht, sofern sie günstiger sind. Dies verlangt eine Anpassung des Regulierungsrahmens, weil Verzinsungen sowie Abschreibungs- und Nutzungsdauern aktuell nicht zur Klimaneutralität 2045 passen.
Auch die Rolle des Regulierers muss dafür gestärkt werden, wie es das Urteil des Europäischen Gerichtshofs der Bundesregierung vorschreibt. Dazu gehört zukünftig eben nicht nur der Ausbau, sondern insbesondere im Gasverteilnetz auch der Rückbau. Es bleibt zu hoffen, dass der jetzt zu entwickelnde Koalitionsvertrag diese Ansätze widerspiegelt, damit nicht weitere Jahre verloren gehen – und am Schluss unnötige Kosten für Steuerzahler:innen angehäuft werden. Denn sonst wird im Zweifel der Staat in den 2030er Jahren eingreifen müssen, um Stadtwerke und andere Netzbetreiber zu retten.
Comments Off on Zukünftige Anforderungen an eine energiewendegerechte Netzkostenallokation
Mit fortschreitender Energiewende werden fluktuierende Erneuerbare Energien immer zentraler bei der Energieversorgung. Für ein kosteneffizientes Energiesystem müssen die bestehenden industriellen und größeren kommerziellen Verbraucher sowie deren anstehende Elektrifizierung der Wärme- und Produktionsprozesse (Sektorenkopplung) darauf reagieren. Strompreise signalisieren dabei die Knappheiten und Überschüsse der Erzeugung. Auch das Netz ist schon heute sehr unterschiedlich ausgelastet. Trotzdem gilt, dass auch Knappheiten, die nur über kurze Zeiten auftreten, maßgeblich über einen kostenintensiven Netzausbau beseitigt werden. Kosteneffizient wäre es, auch die neuen und bestehenden Verbrauchseinrichtungen im industriellen Bereich und zur Schnellladung von Elektromobilen (Verbraucher mit registrierender Leistungsmessung) für eine Netzoptimierung einzusetzen.
Hier gewinnt die Frage nach Anreizwirkungen, einschließlich möglicher Hemmnisse und Fehlanreize, die von Netzentgelten (neben anderen Umlagen und Abgaben) ausgehen, stark an Relevanz: Es geht nicht mehr allein um eine „gerechte“ Kostenallokation, sondern um die Frage, ob energiewenderelevante Entwicklungen durch ineffiziente Bemessung und Strukturen der Netzentgelte unangemessen behindert werden.
Dieses Projekt betrachtet, wie die heutigen Regelungen zu problematischen Wirkungen bei der Netzkostenallokation führen können. Geeignete Weiterentwicklungen können sich dabei jedoch nicht auf kleine, kurzfristig umsetzbare Anpassungen und Ausnahmen beschränken. Deshalb werden hier grundlegendere Optionen andisktutiert. Das Ergebnis der Ausarbeitung soll dabei einen Impuls geben und keine konkret und detailliert ausgearbeiteten Vorschläge unterbreiten. Es soll vielmehr einen grundsätzlichen Diskussionsprozess anstoßen, der in die konkrete Ausarbeitung von Details und Implementierungen in der nächsten Legislaturperiode münden soll.
Sowohl das Thema Elektromobilität als auch das Thema Ladeinfrastruktur haben im vergangenen Jahr unglaublich an Fahrt aufgenommen. Der Absatz von Elektrofahrzeugen hat in Deutschland Ende 2020 erstmals zweistellige Prozentanteile erreicht, die Marke von einer Million E-Autos kommt in Sichtweite. Dadurch rückt auch das Thema Ladeinfrastruktur noch stärker in den Fokus der politischen Debatte.
Wie bei keinem anderen Thema treffen hier aus Energie- und Verkehrssicht unterschiedliche Perspektiven aufeinander. Der nun von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf für ein Schnellladegesetz versucht, den gordischen Knoten bei der Ladeinfrastruktur zu zerschlagen und ein Rückgrat an Ladeinfrastruktur staatlich gesteuert aufbauen zu lassen.
Der Gesetzentwurf greift aber zu kurz: Wenn das Thema der beim Schnellladen zu zahlenden Netzentgelte nicht mitgelöst wird, dann entsteht gleich die nächste Hürde für den Aufbau der Elektromobilität. In diesem Diskussionspapier nehmen Agora Energiewende, Agora Verkehrswende und Regulatory Assistance Project diesen Aspekt in den Fokus und schlagen Lösungen vor.
Comments Off on Drama aus dem wahren Leben: Lernen aus einer texanischen Tragödie
Die Ereignisse am Strommarkt in Texas im Februar 2021 waren ein traumatisches Ereignis. Jedoch kann man eine Wiederholung verhindern, wenn man die Ursachen kennt. Wir wollen die wichtigsten Aspekte hervorheben.
So führten die Winterstürme zu Bedingungen, die möglicherweise seit 100 Jahren nicht mehr erreicht wurden. Ausnahmesituationen im US-amerikanischen Stromnetz sind in den letzten 25 Jahren allerdings mehrfach aufgetreten. Gemeinsam war ihnen, dass sie von Wetterereignissen ausgingen, von denen viele besser vorhersehbar waren als die jüngste Kaltfront.
Infolge der Tiefsttemperaturen kletterte die texanische Stromnachfrage am 14. und 15.2 2021 auf einen Spitzenwert von über 74 GW – verglichen mit einem „normalen“ Winter-Spitzenwert von etwa 55 GW. Das “extreme” Planungsszenario des texanischen Systembetreibers ERCOT ging von 67,2 GW aus. 74 GW sind also bis vor kurzem „unvorstellbar“ im Winter gewesen – aber sie sind typisch für die Lastspitzen in den Sommermonaten, die von ERCOT zuverlässig bedient werden. Entsprechend meldeten die Stromnetzagenturen (einschließlich der North American Electric Reliability Corporation – vergleichbar mit ACER) vor der Wintersaison 2020/2021 eine ausreichende Menge an verfügbaren Erzeugungskapazitäten, um den “extremen” Planungsfall ERCOTs von 67,2 GW zu bedienen. Das Problem: Auch ein Großteil dieser geplanten Erzeugungskapazitäten war in der aktuellen Spitzenlastsituation nicht verfügbar.
Warum? Der Ausfall von Erzeugungskapazitäten ist vielleicht der sichtbarste und dennoch am häufigsten falsch dargestellte Aspekt der texanischen Strommarkttragödie. Die relevante Ausgangsbasis ist der Versorgungssicherheitsplan, den ERCOT entwickelt hatte. Windkapazitäten machten nur einen kleinen Teil dieses Plans aus (2 GW im “extremen” Szenario), und obwohl einige eingefrorene Windturbinen ein Problem darstellten, betrug der tatsächliche Fehlbetrag gegenüber dem Planwert im Durchschnitt nur etwa 2-3 GW. Zudem übertraf die tatsächliche Winderzeugung das “extreme Ausfalls”-Szenario von ERCOT in allen bis auf wenige Stunden. Insofern waren die Ereignisse Ausfällen der vermeintlich zuverlässigen fossilen Kraftwerke geschuldet. Der ERCOT-Ressourcenplan enthielt etwa 74 GW thermische Erzeugung (57,7 GW im “extremen” Szenario); am 15.2 waren jedoch nur etwa 42 GW verfügbar. Die Kohleerzeugung lag bei 60% der geplanten Kapazität. Einer der vier Kernkraftwerke des Bundesstaates ging nach wenigen Stunden vom Netz, wahrscheinlich aufgrund eines unzureichenden Frostschutzes. Gaskraftwerke machten 55 GW der geplanten Ressourcen aus, aber nur 31 GW waren am 15.2 verfügbar (dieser Rückgang wäre in Deutschland damit vergleichbar, wenn sämtliche Gaskraftwerke auf einmal ausfallen würden). Gaskraftwerke waren für 80% des Fehlbetrags verantwortlich.
Unklar ist, wie viel der Nichtverfügbarkeit der Gaserzeugung auf das Einfrieren der Anlagen und wie viel auf Probleme bei der Brennstoffversorgung zurückzuführen ist. Die nordamerikanische Gasproduktion fiel während des Wintersturms um 21% und die Produktion in Texas um 45%, und das zu einer Zeit, in der die Gaslieferungen an Endkunden am 14. und 15.2 einen Rekord aufstellten. Die Bohrlöcher, Pipelines und Aufbereitungsanlagen an der Golfküste und im Westen von Texas, die wesentlichen Lieferquellen für texanische Gaskraftwerke, sind auf solche klimatischen Bedingungen nicht vorbereitet und wenig reguliert.
Neben den Stromausfällen, der Kälte in ihren Häusern und dem menschlichen Leid, das viele Menschen in und außerhalb von Texas ertragen mussten, gab es auch starke finanzielle Auswirkungen. Berichte über Einzelfälle, die mit unglaublich hohen Stromrechnungen konfrontiert wurden, waren häufig, aber die meisten texanischen Verbraucher sind durch längerfristige Lieferverträge abgesichert. Vielmehr werden die Auswirkungen auf viele Stromversorger katastrophal sein, auch könnten einige Erzeuger vor dem Ruin stehen. Versorger, die ihre vertraglichen Lieferverpflichtungen teilweise oder alleinig durch Käufe am Kurzfristmarkt abdecken mussten, haben aufgrund der extrem hohen Strombörsenpreise binnen weniger Tage Millionen-Verluste erlitten.
Welche Lehren müssen gezogen werden?
Sicherlich nicht, dass ERCOT einen Kapazitätsmarkt braucht. Wie bereits der Fall des PJM-Markts (im Osten der USA) während des Polarwirbels 2014 gezeigt hat, hätte ein Kapazitätsmarkt dies ebenso wenig vorhersehen können wie die derzeitigen Regelungen in Texas. Warum? Ein Kapazitätsmarkt kann zwar Lastabschaltungen unter einem Planungswert halten, würde aber Extremsituationen wie in Texas, also das gemeinsame Auftreten von überdurchschnittlich hohen Kraftwerksausfällen und unerwartet hohen Spitzenlasten nicht abdecken. ERCOTs Ziel-Reservemarge von 13,75% hat ausgereicht, um vergleichbare Sommerspitzen von 74 GW zuverlässig zu bedienen. Eine falsche Lehre wäre auch, dass erneuerbare Energien das Problem waren – die Variabilität von Windkraft war in den Versorgungssicherheitsstrategien realistisch eingeplant.
Auf Basis der Ereignisse wollen wir abschließend, über Texas hinausgehend, mehrere Empfehlungen abgegeben:
Texas rangiert unter den US-Bundesstaaten auf Platz 29 bei der Energieeffizienz. Hohe Energieeffizienzstandards und effiziente Heizsysteme können sowohl den Energiebedarf bei Extremereignissen als auch die Geschwindigkeit, mit der Häuser unbewohnbar werden, reduzieren.
Texas kann Erfolge bei der Mobilisierung flexibler Nachfrage vorzeigen. Diese trägt in den Sommermonaten wesentlich zur Versorgungssicherheit bei. Aber das extreme Winterwetter offenbarte die Begrenztheit eines Großteils der flexiblen Nachfrage (Klimaanlagen!) auf ein knappes Angebot bei kalten Temperaturen zu reagieren. Es sollte also nicht nur mehr flexible Sommer- sondern auch mehr flexible Winternachfrage ermöglicht werden.
Der ERCOT-Markt ist darauf ausgelegt, gesicherte Reserven durch einen administrativen Knappheitspreismechanismus (die sogenannte ORDC) zu bezahlen. Dieser Mechanismus zeigt eine hohe Effektivität bei der Mobilisierung von Maßnahmen und Investitionen, um extremen Lastbedingungen zu begegnen. Doch ab einem bestimmten Punkt sind die angebots- und nachfrageseitigen Maßnahmen, die durch Knappheitspreise gefördert werden sollen, weitgehend erschöpft. Ab dann ist der Knappheitspreismechanismus nur noch schmerzhaft für die Versorger, ohne dass am Markt kurzfristig mehr Leistung zur Verfügung gestellt werden kann. Ein „Schutzschalter“ wie in Australien könnte die Funktionalität der ORDC erhalten und gleichzeitig ungewollte Folgen, wie sie in Texas vorgekommen sind, vermeiden.
Genauso wie Kapazitätsmärkte auf eine genaue Bilanzierung zuverlässiger Kapazitäten angewiesen sind, gilt dies auch für den ERCOT-ORDC-Mechanismus; Regulierungsbehörden müssen klare Standards festlegen, was als zuverlässige Kapazität gilt (wie in diesem Vorschlag von NERC). Zudem sollten die Grenzen umsichtiger Versorgungssicherheitsplanungen erweitert werden, um die Auswirkungen des Klimawandels einzubeziehen.
Unterm Strich handelte es sich in Texas um eine Ausnahmesituation, in der viele unerwartete Faktoren zusammenspielten. Dafür sind Strommärkte – egal welchen Designs, ob liberalisiert oder nicht, ob mit Kapazitätsmarkt oder ohne – in der Regel nicht ausgelegt. Eine kosteneffiziente Zusatzabsicherung über die in Texas implementierte ORDC hinaus kann mittels einer großzügigeren strategischen Reserve erreicht werden. Das Überdimensionieren eines markweiten Kapazitätsmechanismus wäre keine kosteneffiziente Lösung.
Die hohe Abhängigkeit von der Gaserzeugung in Stromsystemen wie in Texas erfordert entweder eine stärkere Regulierung der vorgelagerten Gasindustrie oder eine Diversifizierung durch Maßnahmen wie Dual-Fuel-Fähigkeit der Kraftwerke mit Flüssigbrennstofflagerung vor Ort.
ERCOT ist elektrisch vom US-amerikanischen Stromnetz isoliert. Auch wenn tendenziell gleichzeitige Höchstbelastungen in benachbarten Netzen die Frage aufwerfen, wie hilfreich eine stärkere Integration gewesen wäre, sollten die Vorteile einer stärkeren Verknüpfung mit den östlichen und westlichen Verbundnetzen der USA untersucht werden. So profitiert das europäische Stromverbundsystem sehr stark von geographischen Ausgleichseffekten. Im Hinblick auf den Einsatz von Windenergie können durch Marktintegration von Ländern mit grundlegend unterschiedlichen Wetterregimen starke Vorteile durch einen geringeren Flexibilitätsbedarf und eine höhere Versorgungssicherheit erzielt werden.
Eine Version dieses Artikels erschien in Euractiv.
Comments Off on Energetische Mindeststandards für den Gebäudebestand
Der Gebäudesektor ist der größte einzelne Energieverbraucher in Deutschland. Er ist für 30 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Eine tiefgreifende Renovierung des Gebäudebestands ist entscheidend dafür, dass Deutschland seine ehrgeizigen Klimaziele erreichen kann. Dafür werden neue, effektive und vor allem ergänzende Maßnahmen benötigt, um die Modernisierungsrate und -tiefe zu erhöhen.
Obwohl es in Deutschland Fördermittel und Anreize für die Modernisierung von Gebäuden gibt, ist es noch immer nicht gelungen, die energetische Modernisierungsrate bestehender Gebäude auf mehr als ein Prozent im Jahr zu steigern.
Nun zeichnet sich dafür eine Lösung ab. Im Jahr 2021 wird die Europäische Kommission europaweite Mindeststandards von Gebäuden vorschlagen. Dieses Instrument, das bestehende Finanzierungs- und Preismaßnahmen ergänzt und wirksam einsetzt, kann energetische Modernisierungen zuerst an die Gebäude mit der schlechtesten Leistung richten und kann darüber hinaus einen Fahrplan für die Dekarbonisierung aufzeigen. Diese regulierten Standards schreiben für die adressierten Gebäuden vor, dass sie bis zu einem bestimmten Datum oder Zeitpunkt energetische Mindestkriterien erfüllen müssen.
Die Standards werden mit einer langen Vorlaufzeit vor der Verpflichtung eingeführt und erlauben flexible Optionen für deren Einhaltung. Dies verschafft den Gebäudeeigentümern Klarheit und zugleich Flexibilität, um zum geeignetsten Zeitpunkt innerhalb des Lebenszyklus oder Investitionszyklus des Gebäudes zu investieren. Ambitionierte Rahmenbedingungen werden es Deutschland ermöglichen, die Ziele zu erreichen, und gleichzeitig Märkte zu erweitern, also die Fähigkeiten der Arbeitskräfte zu entwickeln und innovative, kosteneffektive Lösungen reifen zu lassen.
Interessenvertreter aus dem Gebäudesektor in Deutschland haben bereits damit begonnen, sich mit den Optionen der Mindeststandards zu befassen und haben drei Hauptprioritäten identifiziert. Zum einen muss die Erfüllung der Standards möglich sein und zudem eine breite Wirkung gewährleisten. Dieses Ziel dürfte durch das Zusammenspiel einer fairen und unmissverständlichen Gestaltung, eines soliden Rahmen zur Unterstützung und einer sozialen Absicherung erreicht werden. Zum anderen müssen unzureichende Energiesparmaßnahmen vermieden werden, die tiefergehende Renovierungen verhindern. Schließlich sollte die Erfüllung entsprechend kontrolliert und eine Nichteinhaltung sanktioniert werden. Wirksame Maßnahmen können ein sehr hohes Maß an Einhaltung sicherstellen, und zwar lange vor dem Zeitpunkt der Umsetzung.
Sofern die regulatorischen Rahmenbedingungen, die finanziellen Anreize, die praktische Umsetzungshilfen und die CO2-Bepreisungen auf intelligente und komplementäre Weise zusammenwirken, kann damit der in diesem Jahrzehnt dringend benötigte Fortschritt im Gebäudebereich erfolgreich adressiert werden.
In diesem kurzen Strategiepapier skizzieren wir das Potenzial von Mindeststandards anhand von Beispielen und berichten über die erste Phase des laufenden Stakeholder-Engagements. Als solches ist dies eine Einladung, die Diskussionen fortzusetzen.
Eine Englische Version des Berichts finden Sie hier.
Comments Off on Offshore-Windenergie als europäische Ressource
Die Stromerzeugung durch Offshore-Windkraftanlagen ist eine besondere Form des Strombezugs, weil es bisher nur wenige Erzeugungsanlagen und auch nur einzelne Stromleitungen gibt. Sogenannte Offshore-Netze – insbesondere zwischen den EU-Staaten – gibt es bisher nicht. Diese Tatsache birgt aber auch eine große Chance, da die Offshore-Energieerzeugung eine Schlüsseltechnologie für ein dekarbonisiertes Stromsystem in Europa darstellt.
Dies zeigt sich in dem beeindruckenden europäischen Bestreben, die derzeitige Kapazität von 12 Gigawatt bis 2050 auf 300 Gigawatt innerhalb der EU auszubauen. Neben der Grundsatzfrage, ob das überhaupt möglich ist, stellt sich auch die Frage der Kosten: Wie schaffen wir es (nur), die dafür minimal notwendige Infrastruktur zu entwickeln, sodass diese Art der Stromerzeugung zum maximalen Nutzen der europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher ausgebaut werden kann? Eine positive Antwort basiert insbesondere auf der kollektiven, gemeinsamen europäischen Planung und Nutzung dieser Ressource.
Um überhaupt eine Chance zu haben, die Offshore-Windkapazität bis 2050 entsprechend zu steigern, dürfen wir die Offshore-Windenergie nicht nur als Ressource der Küstenanrainer betrachten. Aus Sicht des zukünftigen Europäischen Stromsystems sind die Meeresbecken als Regionen der Stromerzeugung zu betrachten. Ausgehend von dieser Quelle muss das neue kontinentale Netz gedacht werden, um die umliegenden Lastzentren kostenoptimiert anzubinden und mit sauberem Strom versorgen zu können.
Ein einfacher Dreisatz lässt bereits erkennen, dass das 300-Gigawatt-Ziel der EU den Bedarf, aber auch die Möglichkeiten und Wünsche jedes einzelnen Küstenstaates, deutlich übersteigen würde. Folglich ist es mehr als fraglich, ob mit den bisherigen nationalen oder bilateralen Ansätzen die notwendige Offshore-Infrastruktur rechtzeitig und kostenoptimal entwickelt werden kann.
Die Kosten der Offshore-Erzeugungstechnologie sind so weit gesunken, dass privates Geld ausreichend bereitsteht und Windparks sogar zunehmend ohne direkte öffentliche finanzielle Unterstützung errichtet werden. Um die Winde über den Meeren in diesem Umfang nutzen zu können, brauchen wir ein Offshore-Netz. Ohne ein solches Netz können diese gewaltigen Strommengen nicht verlässlich gesammelt und dorthin transportiert werden, wo sie benötigt werden. Für die Planungen von Offshore-Windkraftanlagen, und damit die Investitionsbereitschaft und die Gesamtkosten, stellt die Erlöserwartung eine entscheidende Größe dar. Sie wird durch Netze und die dazugehörige Vermarktung bestimmt. Dies ist die Anfangshürde, die genommen werden muss, um die Offshore-Windenergie zu einer Erfolgsgeschichte im anvisierten Ausmaß zu machen.
Die derzeitige Praxis der Küstenstaaten, die entstehenden Offshore-Windparks nacheinander mit den Onshore-Netzen zu verbinden, ist nicht annähernd so effektiv wie kooperativere Lösungen. Die Europäische Kommission erkennt dies in ihrer jüngsten Strategie für erneuerbare Offshore-Energie an und fordert die Zusammenarbeit aller betroffenen Parteien. Folglich sollte der erste Schritt in der gemeinsamen Planung der Offshore-Systeme liegen.
Gemeinsame Planung
So sollte der Bereich des Offshore-Netzes unter Berücksichtigung eines Masterplans für ein voll entwickeltes und vermaschtes Netz entwickelt und gebaut werden. Die EU-Strategie bezieht sich auf die Notwendigkeit vorausschauender Investitionen, die es notwendig machen, für jedes Meeresbecken Offshore-Ziele festzulegen. Für eine solche Bestimmung der Mengen und der geeigneten Standorte ist eine regionale Zusammenarbeit der jeweiligen Anrainerstaaten, vielleicht sogar gemeinsam mit den Hinterlandstaaten beziehungsweise allen „elektrischen“ Nachbarn, notwendig. Ein nationaler Anreizmechanismus kann niemals einen ebenbürtigen Rahmen für vorausschauende Investitionen bieten, wie ein solcher, gemeinsam entwickelter Masterplan. Nur dieser ermöglicht es, den Wert jeder Erzeugungs- oder Netzkomponente im Hinblick auf die Entwicklung der Gesamtressource zu optimieren und deren Wertigkeit diesbezüglich zu reflektieren.
Gemeinsame Entwicklung und Finanzierung
Der Standardfall für den Ausbau der Offshore-Übertragungsleitung besteht heute darin, dass diese von einem einzigen etablierten Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) beziehungsweise zwei benachbarten ÜNB geplant und gebaut werden. Dieser Ansatz ist aus drei Gründen problematisch: Erstens birgt er das Risiko von Koordinierungsproblemen, weil der Wert einer nationalen Offshore-Netzinvestitionen immer stärker von der rechtzeitigen Fertigstellung anderer Netze oder Netzkomponenten abhängt, die von anderen ÜNB entwickelt werden. Zweitens kann das gesamte Netz schneller und günstiger gebaut werden, wenn seine Komponenten in koordinierten Paketen für die gesamte Meeresregion vergeben werden. Drittens wird durch die Zusammenstellung des Puzzles aus national finanzierten Netzelementen wahrscheinlich ein Offshore-Netz entstehen, bei dem ähnliche Elemente unterschiedliche Entwicklungs- und Errichtungskosten haben – je nach nationalen Vergütungssystemen der ÜNB, dem regulatorischen Kontext, den Eigentumsverhältnissen und den Kapitalkosten. Zusätzlich würde dies die Gesamtentwicklung behindern oder verzögern, da sie von der Finanzstärke der einzelnen ÜNB in den jeweiligen Küstenstaaten abhängig wäre.
Die EU-Strategie wirft ein Licht auf diese Probleme. Dabei wird das britische System mit einem vom ÜNB (National Grid) unabhängigen Offshore-ÜNB als eine mögliche Alternative ins Spiel gebracht. Netzanbindungen können hier auch von den Windparkentwicklern vorgeschlagen werden; die zu realisierenden Leitungen werden vom nationalen Regulierer Ofgem wettbewerblich ausgeschrieben. Das Eigentum und der Betrieb der Offshore-Netze liegt in der Hand des Offshore-ÜNB.
Die EU-Offshore-Strategie erkennt zudem auch die Finanzierungsschwierigkeiten der Offshore-Netze an und schlägt die Verwendung verschiedener EU-Fonds vor, um den Ausbau der Offshore- und der angeschlossenen Onshore-Netze zu fördern. Dieser EU-Finanzierungsmechanismus wird zudem auch für die Erneuerbaren Energien selbst erwogen. Dies hat enorme Bedeutung, sprengt aber den Rahmen dieses Beitrages.
Bezüglich der zu hebenden Synergien durch gemeinsame Planungen lässt die EU-Offshore-Strategie jedoch die letzte Konsequenz vermissen. Denn der Bau und die Finanzierung des Offshore-Netzes unter einer gemeinsamen Führung würde weitere Synergien ermöglichen, die über die Kooperation von nationalen Ansätzen kaum möglich ist. Folglich ist es nur ein erster, kleiner Schritt, den einzelnen Mitgliedstaaten die Finanzierung der Offshore-Windparks und deren Netze zu ermöglichen. Bedeutend wäre jedoch, sich der vollen Komplexität zu stellen und eine Vorgehensweise zu entwickeln, bei der Offshore-Netze gemeinsam geplant und errichtet werden – um den Offshore-Investoren den besten und stabilen Rahmen zu gewähren, den sie benötigen, um Europa kostenoptimiert mit sauberer Energie zu versorgen.
Gemeinsamer Betrieb
Was für die Planung und Errichtung richtig ist, gilt auch für den Betrieb: Ein integriertes optimales Offshore-Windenergienetz wird seinen vollen Wert nur über einen gemeinsamen Betrieb realisieren. Der bisherige isolierte, national angebundene Betrieb der Offshore-Energie spiegelt nur einen eingeschränkten Wert innerhalb des gemeinsamen EU-Marktes wider – inklusive der Unsicherheit, wie lange dieser national bleibt. Entsprechend wichtig ist es, die Debatte der europäischen Klimaziele auch auf die gemeinsame Transformation mit gemeinsamen Märkten schon heute anzustoßen. Die EU-Strategie schlägt die Regionalen Koordinierungszentren (Regional Coordination Centres – RCC), die 2019 mit dem Clean-Energy-Paket für eine verbesserte regionale Koordinierung national eingeführt wurden, mittelfristig für deren Systembetrieb vor. Die Einrichtung eines gemeinsamen Systembetriebs durch regionale, unabhängige Systembetreiber wird nur als langfristige Möglichkeit erwähnt. Mit den im Offshore-Bereich anstehenden massiven Investitionen und dem Systemumbau geht jedoch auch die Chance einher, den Systembetrieb hierfür effizient aufzubauen. Außerhalb Europas hat sich die Unabhängigkeit des Betriebs vom Eigentum sehr gut bewährt, die in Europa durch Besitzstandswahrung blockiert ist. Offshore wird jedoch keinem etwas weggenommen. Es wird vielmehr etwas Neues geschaffen, das wir von Anfang an zielgerichtet aufsetzen können.
Gerade erst hat sich Europa auf ambitionierte Klimaziele verständigt. Über nationales Schönrechnen werden diese nicht zu erreichen sein. Nur mit neuen gemeinsam entwickelten und getragenen Ansätzen können wir die Ziele erreichen. Die Diskussion der Offshore-Strategie bietet dazu aktuell die Möglichkeit. Von unseren Kindern müssen wir uns daran messen lassen, ob wir diese Chance gemeinsam genutzt haben.
Eine Version dieses Artikels erschien in Euractiv.
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